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Versprechen

Als Rafael Grossi, der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), vor etwa einem halben Jahr wieder einmal von ein Verhandlungen mit dem Regime in Teheran zurückkehrte, hatte er gute Nachrichten zu verkünden: Die Islamische Republik Iran habe einer intensivierten Überwachung durch seine Behörde zugestimmt, stillgelegte Kameras sollten wieder filmen dürfen, mehr Inspekteure ins Land kommen.

Sechs Monate später ist von den Zusagen der Mullahs nur wenig geblieben: »Der Chef der IAEA«, meldet der Deutschlandfunk, »teilte in Wien mit, die Regierung in Teheran verweigere den Zugang zu Aufzeichnungen von Überwachungskameras. [..] Außerdem habe der Iran Inspektoren der Behörde keine Visa ausgestellt, um ins Land einreisen zu können.« Zudem habe Teheran die verbotene Urananreicherung fortgesetzt.

Das islamistische Regime in Teheran kann sich immer wieder über den JCPOA, der geltendes Völkerrecht ist, hinwegsetzen, weil insbesondere seine westlichen Vertragspartner – die anderen, die Volksrepublik China und die Russische Föderation, sind ohnehin mehr oder minder enge Verbündete der Mullahs – sich bereits seit Jahren zuverlässig weigern, gegen iranische Vertrags- und Völkerrechtsverstöße vorzugehen.

Schlimmstenfalls »drohen« die »E3« – Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich – Teheran damit, »über den Umgang mit dieser fortdauernden Eskalation durch Iran [..] weiterhin mit unseren internationalen Partnern [zu] beraten«, wie es in einer Gemeinsamen Erklärung vom vergangenen November heißt. Zumindest Teheran hat die Zeit seither zu nutzen gewußt, wie Rafael Grossi erneut einräumen mußte.

Täuschungsmanöver

Rafael Grossi, der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), ist am Sonntag von einer zweitägigen Visite beim islamistischen Regime in Teheran zurückgekehrt. Hatte die UN-Behörde kurz zuvor noch mit Berichten über Funde von Uran mit einer Reinheit von bis zu 84 Prozent in Fordo für Aufregung gesorgt, bemühte sich Rafael Grossi nach seiner Rückkehr sichtlich um Entspannung.

Gilt auf 84 Prozent angereichertes Uran als beinahe waffenfähig, versuchte der bei der Vorstellung der Ergebnisse seiner Unterredungen in Teheran, u.a. mit »Präsident« Ebrahim Raisi, die Bedeutung des Funds herunterzuspielen. Hantiere man mit Uran, das bereits auf 60 Prozent angereichert sei, könne es schon einmal passieren, daß dabei ganz unbeabsichtigt auch deutlich höher angereichertes Uran entstehe.

Außerdem habe die »Führung« in Teheran sich ihm gegenüber gesprächsbereit gezeigt. So sollen die vor etwa einem Jahr abmontierten Überwachungskameras wieder installiert und weitere Inspektionen ermöglicht werden. Freilich ist diese Art »Kompromißbereitschaft« des islamistischen Regimes nicht neu: Mit ihr versucht Teheran immer wieder, die Stimmung auf Treffen des Gouverneursrats der IAEA zu beeinflussen.

Und sie kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Mullahs mit ihren »Zugeständnissen« immer wieder nur einen Teil jener Maßnahmen zurücknehmen, mit denen sie zuvor selbst die Lage zugespitzt haben. Zudem blieb Rafael Grossi diesmal konkrete Details schuldig. Darüber müßten nämlich noch »technische Gespräche« geführt werden. Ohnehin scheint die Begeisterung des IAEA-Chefs wenig angebracht.

Selbst wenn Teheran wirklich »unbeabsichtigt« in den Besitz fast waffenfähigen Urans gelangte, wie das Regime behauptet: An der Tatsache, daß der Islamischen Republik Iran untersagt ist, Uran überhaupt über Reinheitsgrade von 3,67 Prozent hinaus anzureichern, und sie ganz und gar nicht zufällig, sondern willentlich Uran auf 60 Prozent anreichert, ändern ein paar Höflichkeiten gegenüber Rafael Grossi nichts.

Konfrontationskurs

Rafael Grossi, der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), hat erneut auf Unzulänglichkeiten des Joint Comprehensive Plan of Action hingewiesen. In einem Gespräch mit Associated Press erklärte er, das Abkommen sei nicht mehr realitätstauglich. Mit dem 2015 geschlossenen Vertrag soll verhindert werden, daß die Islamische Republik Iran in den Besitz von Kernwaffen gelangt.

Die IAEA ist mit der Überwachung der Umsetzung des JCPOA durch Teheran betraut, einer Aufgabe, der die Behörde der Vereinten Nationen nach den Angaben ihres Chefs wegen der Verweigerungshaltung des islamistischen Regimes längst nicht mehr im notwendigen Umfang nachkommen kann. Die IAEA verfüge deshalb günstigenfalls über ein »unscharfes Bild« vom Atomprogramm der Mullahs.

Erneut zweifelte der IAEA-Chef am Wahrheitsgehalt iranischer Behauptungen, nach denen Teheran mit diesem Programm allein zivile Zwecke verfolge. Kein anderer Staat, der die Atomkraft friedlich nutze, reichere Uran so hoch und in solchen Mengen an wie die Islamische Republik. Gerade deshalb sei ein Niveau der Überwachung des iranischen Atomprogramms notwendig, das Teheran verweigere.

Während Rafael Grossi noch davor zurückschreckt, den Mullahs zu bescheinigen, nach Kernwaffen zu greifen, haben die in einem ihrer Sprachrohre, der Tehran Times, unter der drohenden Überschrift »Nur eine falsche Bewegung!« eine Karte mit vorwiegend klar zivilen Zielen in Israel und den umstrittenen Gebieten veröffentlicht, die durch ihre Armee und deren Verbündete erreicht werden könnten.

Zugleich entzieht sich das islamistische Regime ernsthaften Verhandlungsangeboten bei den unterdessen schon wieder pausierenden Gesprächen in Wien, in denen es um die Zukunft des JCPOA gehen soll. Insbesondere die drei europäischen Vertragsstaaten, aber auch Washington, das in der Tat noch in das Abkommen zurückkehren will, sollten endlich einsehen, daß ihr Appeasement gescheitert ist.