Schlagwort: Republikanische Partei

Später Einsicht

Hatte Joe Biden vor gut zwei Wochen noch erklärt, nur »der allmächtige Gott« könne ihn davon abhalten, für eine weitere Amtszeit als Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten zu kandidieren, teilte er nun per Brief mit, er sei überzeugt davon, »daß es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich [von der Kandidatur] zurücktrete und mich für den Rest meiner Amtszeit ganz auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere«.

In drei Monaten entscheiden die Amerikaner, wer sie ab Januar 2025 für vier Jahre als Präsident regieren soll. Die Demokraten glaubten bis zu einem »TV-Duell« zwischen Joe Biden und Donald J. Trump Ende Juni, der Amtsinhaber könne seinen Amtsvorgänger und neuerlichen republikanischen Herausforderer schlagen. In dem »Duell« freilich demontierte Joe Biden sich in aller Öffentlichkeit durch seine zahlreichen Patzer und Aussetzer selbst.

Wurden danach innerparteilich leise Zweifel an seiner Eignung für das Amt auf, die der demokratische Spitzenkandidat noch beharrlich zurückwies, führte Donald J. Trumps Reaktion auf das Attentat am 13. Juli wohl noch den letzten Anhängern Joe Bidens dessen Schwäche vor Augen. Während Donald J. Trump seinen Wahlkampf unmittelbar nach dem Mordversuch mit Elan fortsetzte, zwang eine Covid-Infektion den Präsidenten ins Remote Office.

Der Wahlausgang scheint nun etwas offener. Joe Biden empfiehlt Vizepräsidentin Kamala Harris als neue Hoffnungsträgerin der Demokraten, die in den letzten Jahren vor allem dadurch auffiel, daß sie kaum auffiel. Das muß nicht gegen sie sprechen. Ob das aber gegen Donald J. Trump und James David Vance ausreicht, wird sich zeigen müssen. Die müßten sich jedenfalls sehr anstrengen, einen so kolossalen Fehler zu machen wie die Demokraten mit ihrem Festhalten an Joe Biden.

Klargestellt

Der amerikanische Präsident Donald J. Trump hat am Mittwoch versucht, seine Aussagen über die Loyalität jüdischer US-Bürger zu präzisieren und richtigzustellen, die vor allem bei von ihnen Betroffenen zuvor auf teils scharfen Widerspruch gestoßen waren. Herausgekommen ist dabei allerdings eine Rechtfertigung, die den angerichteten Schaden nicht begrenzt, sondern ihn vergrößert.

»Wenn sie für einen Demokraten stimmen, dann verhalten sie sich illoyal gegenüber dem jüdischen Volk und sehr illoyal gegenüber Israel«, erklärte der republikanische Politiker gestern gegenüber Medienvertretern an seinem Amtssitz, nachdem er am Dienstag zuvor festgestellt hatte, Juden, die die Demokraten unterstützten, zeigten damit »entweder völlige Unkenntnis oder große Illoyalität«.

Mit seiner »Klarstellung« legt Donald J. Trump jetzt fest, daß für jüdische US-Bürger Israel an erster Stelle zu stehen habe, nicht etwa die Vereinigten Staaten. Damit beleidigt er vor allem ausgerechnet jene Juden, die bei den Präsidentschaftswahlen 2016 für ihn gestimmt haben, 24 Prozent der amerikanischen Juden. Denn die stellten in seiner Logik damit ja ihre Treue zu Israel unter Beweis.

Genau das freilich hatte die demokratische Kongreßabgeordnete Ilhan Omar jüdischen US-Bürgern zum Vorwurf gemacht, als sie ihnen unterstellte, ihre Treue gelte einem »fremden Staat«, dem von ihr mit Hingabe verabscheuten Israel. Jetzt fordert Donald J. Trump auch jene jüdischen US-Bürger auf, die ihn und seine Partei nicht unterstützen, »jüdisch« zu wählen, Loyalität zu Israel zu zeigen.

Damit aber erklärt der amerikanische Präsident ca. 5,3 Millionen Juden, die in den Vereinigten Staaten leben (2017), letztlich zu Ausländern im eigenen Land, denn sie sollten ja zuerst Israel treu sein. Antisemiten, die ihn wählten, und Antisemitinnen wie Ilhan Omar, die ebenfalls schon immer wußten, daß Juden einfach keine loyalen US-Bürger sein können, hat Donald J. Trump erneut beschenkt.

Donald I. Omar

US-Präsident Donald J. Trump hat amerikanischen Juden, die die Demokraten in Wahlen unterstützten, Treulosigkeit vorgeworfen. Jüdische Amerikaner, die demokratische Politiker wählen würden, so der Republikaner, demonstrierten damit nicht nur Unwissenheit, sondern »große Illoyalität«. Unter den zahlreichen weniger gelungenen Äußerungen Donald J. Trumps ist diese eine der dümmsten.

Denn in der Tat bedient der amerikanische Präsident mit seinem Vorwurf, Juden könnten wegen ihrer Wahlentscheidung für die Demokratische Partei illoyale Staatsbürger sein, klassische antisemitische Ressentiments. Selbstverständlich darf Donald J. Trump auch jüdischen Unterstützern seiner politischen Konkurrenz vorwerfen, sie handelten unüberlegt und falsch, zu illoyalen Bürgern macht sie das nicht.

Weder die Republikanische Partei noch der Politiker Donald J. Trump selbst sind identisch mit den Vereinigten Staaten, selbst wenn er derzeit deren Präsident ist. Seine Amtszeit ist begrenzt, in spätestens fünf Jahren wird er das Weiße Haus räumen und vielleicht gar einer demokratischen Politikerin die Amtsgeschäfte übergeben müssen. Dann sind Rashida Tlaib und Ilhan Omar hoffentlich nur Randfiguren.

Gerade vor dem Hintergrund, daß sich der Amtsinhaber in seinen jüngsten Äußerungen auf diese beiden antisemitischen Politikerinnen bezieht und den Umgang ihrer Partei mit ihnen, wirken sie peinlich. Ilhan Omar hatte bei einem ihrer antisemitischen Ausfälle amerikanischen Juden »doppelter Loyalitäten« bezichtigt, worauf sie von Donald J. Trump rassistisch attackiert worden war. Nun klingt er wie sie.

Ungefähr drei von vier jüdischen US-Bürgern gaben bei den letzten Wahlen den Demokraten ihre Stimme. Wer sie beschimpft, gewinnt sie sicherlich nicht für sich. Indem er sich dem Niveau einer Ilhan Omar annähert, lenkt Donald J. Trump die Aufmerksamkeit von ihr wieder auf sich, stärkt so ihren Rückhalt im demokratischen Lager und schadet gleichzeitig dem Kampf gegen Antisemitismus.