Schlagwort: Verantwortung

Mitverantwortung

Die Hamas ist noch nicht geschlagen, doch schon machen sich einige besonders eifrige Unterstützer der »palästinensischen Sache« Gedanken über einen »Wiederaufbau« Gazas. Daß es einen Bedarf geben wird, in der Folge des islamistischen Pogroms Zerstörtes neu oder wiederaufzubauen, ist unbestritten, vorher freilich sollten die willigen Aufbauhelfer darüber nachdenken, ob ihre Großzügigkeit tatsächlich angebracht ist.

Vor gut neun Jahren, im Oktober 2014, die Hamas hatte Gaza eben einmal mehr in eine kriegerische Auseinandersetzung mit Israel geführt, wurde auf einer internationalen Konferenz in Kairo über die Beseitigung der Folgen dieses Angriffs auf den jüdischen Staat beraten, auf dessen Beteiligung man verzichten zu können glaubte. Auch die Hamas als Verantwortliche für die Schäden war nicht eingeladen, sich dafür zu rechtfertigen.

Der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier gab als Repräsentant eines der besonders großzügigen Geberländer zu Protokoll, »ein Zurück zum Status Quo« – gemeint war wohl tatsächlich der Status quo ante – dürfe »es nicht geben«: »Gaza darf nicht mehr von der Hamas und anderen Extremisten als Waffenlager missbraucht werden.« Eine nur all zu berechtigte Forderung. Leider war sie schnell vergessen.

Denn wie der Überfall der islamistischen Barbaren auf Israel am 7. Oktober und ihre bestialischen Verbrechen seither gezeigt haben, ist genau das geschehen, was doch nie wieder hätte passieren sollen. Finanziert durch die Staatengemeinschaft konnte unter den Augen ihrer zahlreichen Vertreter die Hamas Gaza zum Ausgangsort des bösartigsten Pogroms an Juden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ausbauen und hochrüsten.

Bevor sie neuerlich mit finanziellen und sonstigen Versprechen um sich werfen, sollten die bereitwilligen Geberländer daher darüber nachdenken, welchen Anteil sie daran haben könnten, daß kam, was kam. Denn es sind auch ihre Versäumnisse, ihre obsessive Fixiertheit auf Israel, die es der Hamas möglich machten, ihre zivilisationsverachtende »Al-Aksa-Flut« zu planen, vorzubereiten und schließlich am 7. Oktober loszutreten.

Verweigerung von Verantwortung

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine erste Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York gehalten. Wie sein Kanzleramt mitteilt, warb der Sozialdemokrat bei seinem Auftritt auch für eine Reform des Sicherheitsrats der Weltorganisation, der sich »an die Realität des 21. Jahrhunderts anpassen« müsse, und einen ständigen deutschen Sitz in im bedeutendsten UN-Gremium.

Berlin sei, wie es das Kanzleramt formuliert, »bereit, größere Verantwortung zu übernehmen«. Was auf dem Papier überzeugend klingen mag, müßte sich freilich erst noch in der »Realität des 21. Jahrhunderts« spiegeln. Ist Deutschland tatsächlich bereit, eine Führungsrolle zu übernehmen? Eine der größten Gefahren für den Weltfrieden geht gewiß nicht erst seit gestern von der Islamischen Republik Iran aus.

Mit dem im Sommer 2015 vorgestellten Joint Comprehensive Plan of Action, zu dessen »Architekten« der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier gehört, sollte das Kernwaffenprogramm des Regimes in Teheran in der Theorie beendet werden. Tatsächlich ist es mit dem Abkommen günstigenfalls gelungen, die atomare Aufrüstung der Islamischen Republik geringfügig zu verlangsamen.

Dazu, daß das Mullah-Regime heute nur noch kurz davor steht, zu einer atomar bewaffneten Hegemonialmacht aufzusteigen, hat auch Deutschland als Teil der »E3«, der drei europäischen Vertragsstaaten, beigetragen: War Berlin unter Kanzlerin Angela Merkel nicht gewillt, das Instrumentarium des Abkommens gegen Teherans Vertragsverletzungen einzusetzen, zeigt es bis heute keine entsprechenden Ambitionen.

Dabei wäre es – so wurde der »Snap back«-Mechanismus des JCPOA jedenfalls beworben – sogar vergleichsweise einfach, den diplomatischen und wirtschaftlichen Druck der Weltgemeinschaft auf das islamistische Regime zu erhöhen. Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen genügte ein einziges Votum, das der Verlängerung der Aussetzung internationaler Sanktionen nicht zustimmt, um diese zu reaktivieren.

Es müßte keine Mehrheit in dem Gremium organisiert werden, nur ein einziger der ursprünglichen Vertragsstaaten könnte mit seiner ablehnenden Stimme Sanktionen reaktivieren, deren Aussetzung an ein vertragsgemäßes Verhalten Teherans geknüpft wurde. »Die Sanktionen«, schrieb Frank-Walter Steinmeier seinerzeit, könnten so »im Fall eines Bruchs der Vereinbarung durch Iran sofort« wiederbelebt werden.

Der Respekt vor dem Vertrag, der als Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats zu Völkerrecht wurde, sollte es gebieten, gegen dessen Verletzungen vorzugehen. Doch auch Deutschland war und ist dazu nicht bereit, so daß Teheran ungehindert Uran bis auf waffenfähige Reinheitsgrade anreichern und die Weltgemeinschaft verhöhnen kann. Berlin könnte hier »Verantwortung übernehmen« – verweigert sie aber.

Aus(s)chwitz-Problem

Als der amtierende deutsche Außenministerdarsteller Sigmar Gabriel sich kürzlich hinter das »Holocaust-Gesetz« der nationalistischen Regierung in Warschau stellte, glaubte der Politiker behaupten zu dürfen, es gebe »nicht den geringsten Zweifel daran, wer für die Vernichtungslager verantwortlich ist, sie betrieben und dort Millionen europäischer Juden ermordet hat: nämlich Deutsche«.

Und wohl nicht ohne einen gewissen Stolz betonte der Sozialdemokrat, »uns Deutschen« sei »die umfassende Aufarbeitung der eigenen Geschichte und der eigenen Verantwortung [..] eine immerwährende moralische Verpflichtung angesichts der von Deutschen und Deutschland begangenen Verbrechen auch in Polen«. Doch wie gut kennt Sigmar Gabriel sie wirklich, seine Deutschen?

Beim Bayerischen Rundfunk (BR) etwa, einer gewiß deutschen Anstalt, weiß man noch nicht einmal genau, wie es geschrieben wird, das Wort Auschwitz. Aber immerhin, ein paar Daten kennt man doch: »In der Zeit des Nationalsozialismus war Ausschwitz [sic!] das größte Tötungs- und Vernichtungslager. Allein in Ausschwitz [sic!] sind rund 1,1 Millionen Menschen ums Leben gekommen.«

Und auch wenn sie nicht oder bevor sie ums Leben kamen, widerfuhr den Menschen viel: »Sie wurden von ihren Familien getrennt, haben Familienmitglieder sterben sehen, wurden auf engstem Raum und unter schlimmsten Umständen transportiert, in jeder Form aufs grausamste misshandelt und gedemütigt.« Doch wer hat mißhandelt, gedemütigt, für das Ums-Leben-Kommen gesorgt?

Wer den Text vor kurzem auf der Website der ARD las, dem entging, was beim BR ein Überlebender andeutet: »Aber immer, wenn ich Deutsche treffe, muss ich daran denken, was Deutsche damals gemacht haben!« Die Autoren des Senders in München selbst hüllen sich jedoch in Schweigen. Sie teilen bloß mit, die »deutsche Bevölkerung« habe »sich damals diesem Unrecht unterworfen«.

Ist in München und beim Ersten, wo der Text nicht mehr abrufbar ist, wirklich klar, »wer für die Vernichtungslager verantwortlich ist, sie betrieben und dort Millionen europäischer Juden ermordet hat«? Sigmar Gabriel hat 15 Jahre lang Jugendgruppenreisen nach Auschwitz und Majdanek organisiert. Sollte er bald eine neue Beschäftigung suchen, er könnte ein paar TV-Redakteure einladen.